Beeinträchtigte Bindungsmuster erschweren die Beziehung an neue Bezugspersonen. Gruppensituationen provozieren manchmal die unbewusste Erinnerung an die vielen belastenden Erfahrungen, die ein Kind mit der Herkunftsfamilie oder anderen Personen hatte. Lebensgeschichtlich verstehbare Ängste, Wünsche und Konflikte im Sinne massiver Übertragungsreaktionen, die oft zunächst kaum bemerkt werden, kommen zumeist über massives Agieren zum Ausdruck. Je mehr ein Kind bereit ist, sich zu binden, umso mehr müssen Grenzen ausprobiert werden.
Es geht darum, dass diese Kinder und Jugendlichen die Frage „haltet Ihr mich aus“ immer wieder erneut erproben müssen. Sie wollen gehalten und „ausgehalten“ werden,
um so neue Beziehungserfahrungen machen zu können. Es geht also um das Ausprobieren, aber auch um die Wiederholung erlebter negativer Erfahrungen. Dies ist eine große Herausforderung und führt ja leider oft zu erneuten Beziehungsabbrüchen – aber nicht in der sozialtherapeutischen Wohngemeinschaft Pronegg, dort ist ein sicherer Ort! Tragfähige Beziehungen ermöglichen Entwicklung, festigen die Identität.
Individuelle Betreuung und Unterstützung, Herstellung tragfähiger, auf Kontinuität ausgerichteter Beziehungen, Vermittlung von Strategien zur Konfliktbewältigung, Einbeziehung anderer Institutionen und Angehörigenarbeit, - all das sind herausfordernde Aufgaben für Mitarbeiter/innen von Wohngemeinschaften, wo es viel Fortbildung, um die Kinder und Jugendlichen zu verstehen und viel Reflexion, Intervision und Supervision bedarf, um die Identität des Teams zu halten. Diese Punkte zeichnen die Sozialtherapeutische Wohngemeinschaft Pronegg aus.
Das Ringen um die Gratwanderung zwischen psychodynamischem Verstehen, pädagogischer Haltung und Herstellung des therapeutischen Milieus hat diese Wohngemeinschaft immer als großes Anliegen gesehen und Wege gesucht, dies zu verwirklichen.
Es ist schön, dass es solche Institutionen gibt!”
DR. GERTRUDE BOGYI
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin